VSBG 2.0 bis 2020?

Der Schlichtungsblog von Professor Dr. Reinhard Greger wartet mit einem interessanten Bericht auf: Das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz arbeitet gegenwärtig an einem Referentenentwurf für eine Neufassung des Verbraucherstreitbeilegungsgesetzes (VSBG). Dabei geht es vor allem um die Frage, wie sich Unternehmer zur Teilnahme an Schlichtungsverfahren motivieren lassen.

Künftig Schlichtungspflicht für Unternehmer?

Bereits im ursprünglichen Gesetzgebungsverfahren für das VSBG war angeklungen, dass der Gesetzgeber die Daumenschrauben für Unternehmer anziehen könnte, wenn sich diese nicht in ernstzunehmendem Umfang freiwillig für die Verbraucherschlichtung öffnen. Diese Situation ist nun offenbar eingetreten, denn die Fallzahlen haben sich seit dem Inkrafttreten des VSBG im April 2016 nicht entscheidend erhöht. Eine denkbare Ursache dafür könnte sein, dass Unternehmer ihre Informationspflichten nach § 37 VSBG nur unzureichend befolgen. Hierzu fehlt es allerdings an empirischen Daten. Sollte sich dieser Hebel nicht als wirksam erweisen, könnte der Gesetzgeber darüber nachdenken, Unternehmen zur Teilnahme an der Verbraucherschlichtung zu verpflichten. In bestimmten Fällen wie etwa in § 111b Abs. 1 und 6 EnWG ist dies bereits heute der Fall. Die damit verbundene Einschränkung des unternehmerischen Zugangs zu den Gerichten nimmt man in Kauf.

Musterfeststellungsklage mit Schlichtungsanhänger?

Ein zweiter Aspekt der gesetzgeberischen Überlegungen wird Greger zufolge das Zusammenspiel von Musterfeststellungsklage und Verbraucherschlichtung sein. Eines der am häufigsten artikulierten Bedenken gegenüber der ab dem 1. November 2018 möglichen Musterfeststellungsklage betrifft die Erfüllung der sich an die Musterfeststellung anschließenden Forderungen. Denn weil das Musterfeststellungsverfahren den Anspruchsinhabern keinen individuellen Titel in die Hand gibt, müssen sich diese nach der Musterfeststellung selbst um die Durchsetzung ihrer Forderung kümmern. Davor dürften viele Betroffene infolge des mit einem rechtsförmigen Verfahren verbundenen Aufwands zurückscheuen. Womöglich wird der Gesetzgeber nun versuchen, die Verbraucherschlichtung als niedrigschwelliges Anschlussverfahren an die Musterfeststellungsklage zu etablieren. Das dürfte allerdings nur im Verbund mit einer Schlichtungspflicht funktionieren, weil ein Unternehmen, das sich schon gegen die Musterfeststellung gewehrt hat, vermutlich auch in einem Anschlussverfahren nicht unbedingt klein beigeben wird.

Fortführung der Auffangschlichtung beim Zentrum für Schlichtung?

Der dritte Aspekt der gesetzgeberischen Überlegungen ist laut Greger die künftige Organisation der Auffangschlichtung. Bei den Verhandlungen zum Verbraucherstreitbeilegungsgesetz hatten sich Bund und Länder in § 43 Abs. 1 VSBG darauf geeinigt, dass der Bund anstelle der Universalschlichtungsstellen der Länder bis Ende 2019 eine zentrale Auffangschlichtungsstelle finanziert. Mit dieser Aufgabe ist seither das Zentrum für Schlichtung in Kehl betraut. Es ist nicht unwahrscheinlich, dass der Gesetzgeber diese Interimslösung um einige Jahre verlängert oder sogar entfristet. Das würde die Länder von dem Aufwand entlasten, der mit der Einrichtung von 16 Universalschlichtungsstellen verbunden wäre. Mit Blick auf den mit dieser Frage verbundenen Zeithorizont erscheint es gut möglich, dass das Update zum VSBG bereits Anfang 2020 in Kraft tritt.