Kommt die obligatorische Verbraucherschlichtung?

Kommt die obligatorische Verbraucherschlichtung? Auf den ersten Blick sieht es nicht danach aus: Der Gesetzgeber hat die Verbraucherschlichtung bis auf Weiteres freiwillig ausgestaltet. Dies könnte sich allerdings mittelfristig ändern. Und ohnehin kann sich eine obligatorische Verbraucherschlichtung jenseits gesetzlicher Schlichtungspflichten zumindest in gewissen Grenzen auch aus vertraglichen Regelungen ergeben.

Schlichtungszwang für Verbraucher am ehesten über Rechtsschutzversicherungen

Ein gesetzlicher Schlichtungszwang für Verbraucher ist in absehbarer Zeit nicht zu erwarten. Schlichtungspflichten für Verbraucher können insofern allenfalls vom Unternehmer oder von Dritten ausgehen. In den AGB eines Unternehmers wäre eine Schlichtungspflicht nach § 309 Nr. 14 BGB unwirksam. Denkbar ist allerdings ein Schlichtungszwang durch Rechtsschutzversicherer, die durch ihre Versicherungsnehmer mit dem Streitfall befasst werden. Tatsächlich haben Rechtsschutzversicherungen in der Vergangenheit spezielle Streitbeilegungstarife entwickelt. Das OLG Frankfurt am Main und der BGH haben einen solchen Streitbeilegungstarif zwar an einer Inhaltskontrolle nach § 307 BGB scheitern lassen; auch nach dieser Entscheidung könnte ein Streitbeilegungstarif aber zukünftig womöglich dann als unbedenklich gelten, wenn die Versicherung nicht gleichzeitig den Zugang zur Rechtsberatung abschneidet oder wenn sie eben dies zumindest transparent macht.

Schlichtungspflicht für Unternehmer?

Was Schlichtungspflichten für Unternehmer angeht, so könnten diese in Zukunft durchaus vom Gesetzgeber ausgehen. Das Bundesjustizministerium hat dies bereits bei den ersten Überlegungen zur Regelung der Verbraucherstreitbeilegung als eine mittelfristig denkbare Option angekündigt. In einzelnen Fällen gibt es heute bereits eine obligatorische Verbraucherschlichtung mit Kostentragungspflicht für Unternehmer, so etwa in § 111b Abs. 1 und 6 EnWG. Das ist für Unternehmer alles andere als unproblematisch, weil sie womöglich erhebliche Kosten zu tragen haben, obwohl sie sich rechtmäßig verhalten und insofern keinen Anlass zur Beschwerde gegeben haben. Ein aktuell beim BGH anhängiger Fall zeigt die Bedeutung dieses Problems. Die Schlichtungsstelle Energie hatte dort ein Energieversorgungsunternehmen mit 88.449,77 € zur Kasse gebeten und anschließend auf Zahlung verklagt. Das Unternehmen war im streitgegenständlichen Zeitraum an 447 Verfahren vor der Schlichtungsstelle beteiligt; dies waren seinerzeit 9% aller dort eingehenden Beschwerden. Die Vorinstanzen LG Köln (Az. 88 O 78/13) und OLG Köln (Az. 18 U 127/14) gaben der klagenden Schlichtungsstelle Recht. Das ist bemerkenswert, weil damit unternehmerisches Verhalten sanktioniert wird, ohne dass dessen Rechtswidrigkeit festgestellt wurde.

Akkreditierungspflicht für Schlichtungsstellen?

Jenseits von Schlichtungspflichten für Verbraucher und Unternehmer ist es schließlich auch denkbar, dass der Gesetzgeber die bisher freiwilligen Vorgaben des VSBG für sämtliche Streitbeilegungsstellen im Verbraucherbereich verpflichtend ausgestaltet. Diese Option kommt vermutlich dann in Betracht, wenn sich eine nennenswerte Schlichtungslandschaft außerhalb der anerkannten Schlichtungsstellen etablieren sollte. In diesem Fall könnte der Gesetzgeber eine Akkreditierungspflicht als Mittel zur Qualitätssicherung einführen (siehe dazu Hess in Festschrift für Müller-Graff, 2015, S. 390, 395). Auch insoweit dürfte er aber die Ergebnisse des nach § 43 Abs. 2 und 3 VSBG bis Ende 2020 abzuschließenden Forschungsvorhabens zum VSBG abwarten.