Verbraucherschlichtung: Informationspflichten für Händler

Ab dem heutigen 9. Januar 2016 gilt Art. 14 der am 8. Juli 2013 in Kraft getretenen Verordnung über Online-Streitbeilegung in Verbraucherangelegenheiten (ODR-Verordnung oder OS-Verordnung, Volltext pdf). Händler im Bereich des e-Commerce haben insbesondere die neuen Informationspflichten zu beachten, um der Gefahr einer Abmahnung zu entgehen.

Informationspflichten ab dem 9. Januar 2016

Die ab sofort geltenden Informationspflichten aus der ODR-Verordnung gelten für in der EU niedergelassene Unternehmer und Marktplätze, die über das Internet Kauf-, Dienst- oder Werkverträge abschließen. Diese müssen insbesondere auf die neue Online-Streitbeilegungsplattform der Europäischen Union (OS- bzw. ODR-Plattform) verweisen. Auf dieser Plattform stellt die EU die Verbindung zu Schlichtungsstellen in ganz Europa her und ermöglicht die Online-Einreichung einer Beschwerde. Die Informationspflichten sind teilweise unabhängig davon, ob ein Unternehmer überhaupt bereit ist, an den (freiwilligen) Schlichtungsverfahren teilzunehmen. Die insoweit maßgeblichen Art. 14 Abs. 1 und 2 der ODR-Verordnung lauten:

(1) In der Union niedergelassene Unternehmer, die Online-Kaufverträge oder Online-Dienstleistungsverträge eingehen, und in der Union niedergelassene Online-Marktplätze stellen auf ihren Websites einen Link zur OS-Plattform ein. Dieser Link muss für Verbraucher leicht zugänglich sein. In der Union niedergelassene Unternehmer, die Online-Kaufverträge oder Online-Dienstleistungsverträge eingehen, geben zudem ihre E-Mail-Adressen an.

(2) In der Union niedergelassene Unternehmer, die Online-Kaufverträge oder Online-Dienstleistungsverträge eingehen und sich verpflichtet haben oder verpflichtet sind, eine oder mehrere AS-Stellen für die Beilegung von Streitigkeiten mit Verbrauchern zu nutzen, informieren die Verbraucher über die Existenz der OS-Plattform und die Möglichkeit, diese für die Beilegung ihrer Streitigkeiten zu nutzen. Sie stellen auf ihren Websites sowie, falls das Angebot über E-Mail erfolgt, in dieser E-Mail einen Link zu der OS-Plattform ein. Diese Informationen sind gegebenenfalls auch in die allgemeinen Geschäftsbedingungen für Online-Kaufverträge oder Online-Dienstleistungsverträge aufzunehmen.

Die Crux an der Geschichte: Die EU ist mit der Gestaltung der Plattform nicht rechtzeitig fertig geworden. Immerhin hat sie kürzlich eine URL veröffentlicht (http://ec.europa.eu/consumers/odr/), unter der die ODR-Plattform ab dem 15. Februar 2016 erreichbar sein soll. Mit Hilfe dieses Links erscheint es für Unternehmer möglich, den Informationspflichten bereits heute ausreichend Rechnung zu tragen.

Informationspflichten ab 1. Februar 2017

Über die ab sofort geltenden Informationspflichten für Händler im e-Commerce hinaus wird es in absehbarer Zeit weitere Informationspflichten geben, die aus der mitgliedstaatlichen Gesetzgebung resultieren. Im vom Deutschen Bundestag am 3. Dezember 2015 verabschiedeten Verbraucherstreitbeilegungsgesetz (VSBG) sieht § 36 hierzu vor:

(1) Ein Unternehmer, der eine Webseite unterhält oder Allgemeine Geschäftsbedingungen verwendet, hat den Verbraucher leicht zugänglich, klar und verständlich

1. in Kenntnis zu setzen davon, inwieweit er bereit ist oder verpflichtet ist, an Streitbeilegungsverfahren vor einer Verbraucherschlichtungsstelle teilzunehmen, und

2. auf die zuständige Verbraucherschlichtungsstelle hinzuweisen, wenn sich der Unternehmer zur Teilnahme an einem Streitbeilegungsverfahren vor einer Verbraucherschlichtungsstelle verpflichtet hat oder wenn er auf Grund von Rechtsvorschriften zur Teilnahme verpflichtet ist; der Hinweis muss Angaben zu Anschrift und Webseite der Verbraucherschlichtungsstelle sowie eine Erklärung des Unternehmers, an einem Streitbeilegungsverfahren vor dieser Verbraucherschlichtungsstelle teilzunehmen, enthalten.

(2) Die Informationen nach Absatz 1 müssen

1. auf der Webseite des Unternehmers erscheinen, wenn der Unternehmer eine Webseite unterhält,

2. zusammen mit seinen Allgemeinen Geschäftsbedingungen gegeben werden, wenn der Unternehmer Allgemeine Geschäftsbedingungen verwendet.

(3) Von der Informationspflicht nach Absatz 1 Nummer 1 ausgenommen ist ein Unternehmer, der am 31. Dezember des vorangegangenen Jahres zehn oder weniger Personen beschäftigt hat.

Damit nimmt der deutsche Gesetzgeber ähnlich dem europäischen Gesetzgeber auch diejenigen Unternehmer in die Pflicht, die zu einer Teilnahme an der Verbraucherschlichtung weder durch Sondergesetze verpflichtet noch freiwillig bereit sind. Auf diese Weise sollen Unternehmer den Äußerungen von Ministeriumsvertretern zufolge unter sanften Druck gesetzt werden, an Verfahren der Verbraucherschlichtung „freiwillig“ teilzunehmen. Dasselbe Konzept liegt der Pflicht zur erneuten Information des Verbrauchers nach dem Entstehen einer Streitigkeit zugrunde. Hierzu regelt § 37 VSBG:

(1) Der Unternehmer hat den Verbraucher auf eine für ihn zuständige Verbraucherschlichtungsstelle unter Angabe von deren Anschrift und Webseite hinzuweisen, wenn die Streitigkeit über einen Verbrauchervertrag durch den Unternehmer und den Verbraucher nicht beigelegt werden konnte. Der Unternehmer gibt zugleich an, ob er zur Teilnahme an einem Streitbeilegungsverfahren bei dieser Verbraucherschlichtungsstelle bereit ist oder verpflichtet ist. Ist der Unternehmer zur Teilnahme am Streitbeilegungsverfahren einer oder mehrerer Verbraucherschlichtungsstellen bereit oder verpflichtet, so hat er diese Stelle oder diese Stellen anzugeben.

(2) Der Hinweis muss in Textform gegeben werden.

Während der überwiegende Teil des Verbraucherstreitbeilegungsgesetzes schon im zweiten auf die Verkündung folgenden Monat, also am 1. April 2016, in Kraft treten wird, werden die §§ 36 und 37 VSBG mit den darin geregelten Informationspflichten gemäß Art. 24 Abs. 1 S. 2 des zugehörigen Artikelgesetzes erst zu Beginn des 12. auf die Verkündung folgenden Monats, also am 1. Februar 2017, in Kraft treten. Siehe dazu auch den Blogbeitrag zum Inkrafttreten des VSBG.