Verbraucherstreitbeilegungsgesetz: Anhörung im Rechtsausschuss

Im Rechtsausschuss des Deutschen Bundestages hat am 30. September 2015 eine Anhörung zum geplanten Verbraucherstreitbeilegungsgesetz stattgefunden. Die Pläne zum Erlass des VSBG stießen bei den Sachverständigen überwiegend auf positive Resonanz, gleichzeitig wurde an einzelnen Stellen Nachbesserungsbedarf geäußert.

Welche Rolle spielen die Mitarbeiter des Streitmittlers?

In ihren Stellungnahmen treten die Sachverständigen vergleichsweise einhellig dafür ein, die Auffangschlichtung bundesweit zentral einzurichten. Ergänzend wird mehrfach dafür plädiert, den Begriff der Auffangschlichtung statt denjenigen der Universalschlichtung zu verwenden. Umstritten bleibt hingegen, über welche Qualifikationen die Streitmittler verfügen sollten. Dr. Christof Berlin von der söp votiert hier dafür, nur Volljuristen als Schlichter zuzulassen und ihnen zusätzlich kommunikative Fähigkeiten in gesetzlich näher zu konkretisierendem Umfang abzuverlangen. Vorsichtiger formuliert Felix Braun vom Online-Schlichter, Schlichtungsstellen sollten zumindest über Volljuristen in ausreichender Zahl verfügen. Kritisch sieht Braun § 6 Abs. 3 Nr. 4 RegE VSBG, der als Streitmittler nur zulässt, wer in den vergangenen drei Jahren für einen Verbraucherverband tätig war. In der Tat könnte diese Regelung verbraucherverbandliche Schlichtungsstellen wie den Online-Schlichter zu einer Neubesetzung ihrer Streitmittlerpositionen zwingen. Professor Dr. Martin Schmidt-Kessel weist in seiner Stellungnahme darauf hin, dass ein paralleles Problem für die Schlichtungsstellen der Unternehmensverbände bestehe. Weiterhin solle der Gesetzgeber klarstellen, welchen Anforderungen die fallbefassten Mitarbeiter des Streitmittlers genügen müssen, denn diese seien in der Praxis die faktischen Entscheidungsträger. Als Maßstab für den Schlichterspruch favorisiert Schmidt-Kessel die Billigkeit und hält in Konsequenz dazu auch eine volljuristische Qualifikation der Schlichter für verzichtbar.

Mindestens Systemverständnisse des allgemeinen deutschen Zivilrechts

Für einen insgesamt liberalen Ansatz bei der Regulierung der Verbraucherschlichtung wirbt Dr. Susanne Gössl. Sie heißt die Gesetzgebungspläne grundsätzlich gut, denn durch die Streitbeilegung werde „das Gerichtssystem ergänzt und entlastet, ohne es zu verdrängen“. Dabei tue der Gesetzgeber gut daran, das Verfahren zu verschlanken wie auch die Anforderungen an die Streitmittler zu senken. Stattdessen seien verstärkte Aufklärungs- und Hinweispflichten des Streitmittlers wie auch eine intensivere behördliche Kontrolle wünschenswert. Weiter bleibe unklar, was § 19 Abs. 1 S. 2 RegE VSBG mit der Ausrichtung des Schlichterspruchs am geltenden Recht meine; dies sei besser konkreter zu fassen:

Der Streitschlichter sollte im Schlichtungsvorschlag die aus seiner Sicht geltende Rechtslage darstellen und offen legen, inwieweit Unsicherheiten (faktischer und rechtlicher Art) bestehen. Weiterhin muss er begründen, inwieweit und weshalb sein Schlichtungsvorschlag vom geltenden Recht abweicht.

Damit der Schlichter dazu in der Lage sei, seien

mindestens Systemverständnisse des allgemeinen deutschen Zivilrechts notwendig.

Nicht berücksichtigen müsse ein Schlichter demgegenüber ausländisches Sachrecht. In Fällen, in denen ein Schlichter nach der Prüfung des deutschen und ggf. auch ausländischen internationalen Privatrechts eine ausländische lex causae feststellt, könnte er Gössl zufolge die Parteien vielmehr darauf hinweisen, dass sein Schlichtungsvorschlag am deutschen Sachrecht orientiert sei, während ein Richter ausländisches Recht anwenden würde. Die Entscheidung bleibe somit in den Händen der Parteien.

Gleichbehandlung der Parteien in der Schlichtung?

Ähnlich wie auch Gössl plädiert Jutta Gurkmann vom vzbv für ein möglichst transparentes Schlichtungsverfahren. Zudem spricht sie sich vehement gegen eine Verfahrensgebühr für Verbraucher in Fällen des Verfahrensmissbrauchs aus, denn solche Fälle seien nach den bisherigen Erfahrungen nicht zu erwarten. Während der vzbv die Verbraucherschlichtung insofern als ein Verfahren betrachtet, in dem die Parteien durchaus unterschiedlich behandelt werden dürfen, pocht Rechtsanwältin Dr. Manja Schreiner vom Zentralverband des Deutschen Handwerks (ZDH) auf die Gleichbehandlung der Parteien. Deswegen stelle § 15 Abs. 2 RegE VSBG, der auch Unternehmern das Recht zur jederzeitigen Verfahrensbeendigung gebe, eine gute und richtige Änderung gegenüber dem Referentenentwurf dar.

Chance zur Forschung bei der Verbraucherschlichtung

Zum Ende seiner Stellungnahme weist Professor Dr. Schmidt-Kessel darauf hin, dass die erstmalige Regulierung der Verbraucherschlichtung womöglich dazu führen könnte, dass der Gesetzgeber in absehbarer Zeit nachjustieren muss. Gerade deswegen seien Evaluierung und Begleitforschung in diesem Bereich sehr bedeutsam und sollten noch in das VSBG aufgenommen werden. Schließlich biete das Gesetz auch eine seltene Chance, Verbraucherstreitigkeiten statistisch zu erforschen und damit wichtige Erkenntnisse über das Konfliktverhalten von Verbrauchern und Unternehmern zu gewinnen.

Die Stellungnahmen der Sachverständigen sind auf den Seiten des Deutschen Bundestages abrufbar.