Sollte es Verbraucherschiedsverfahren auch in Europa geben? In einem Beitrag für den Jahresband der Bitburger Gespräche 2016 stellt Horst Eidenmüller die These auf, Verbraucherschiedsverfahren seien vielleicht nicht das optimale Verfahren zur Lösung von Verbraucherstreitigkeiten, im Vergleich zur Verbraucherschlichtung seien sie aber vorzugswürdig.
Erstbeste Lösung: Staatliche Justiz
Anders als etwa Thomas Riehm sieht Eidenmüller die Rechtsdurchsetzung als das vorrangige Ziel bei der Gestaltung von Verfahren für Streitigkeiten zwischen Verbrauchern und Unternehmern. Zur Erreichung dieses Ziels sei namentlich die Verbraucherschlichtung nach dem Verbraucherstreitbeilegungsgesetz kaum geeignet, denn sie verkürze Verbraucherrechte und konterkariere damit den zwingenden Verbraucherschutz. Die beste Adresse für Verbraucherstreitigkeiten sei vielmehr die staatliche Ziviljustiz. Diese müsse sich allerdings reformieren, um den Erfordernissen eines modernen Verbraucherverfahrens gerecht zu werden. Wünschenswert sei eine Schaffung effizienter elektronischer Gerichtsverfahren binnen ein bis zwei Jahren. Ob eine solche Reform so zeitnah realisiert werden könne, sei allerdings mit einem Fragezeichen zu versehen.
Zweitbeste Lösung: Verbraucherschiedsverfahren
Vor diesem Hintergrund gewinnt Eidenmüller zufolge das Verbraucherschiedsverfahren als zweitbeste Lösung an Attraktivität. Verbraucherschiedsverfahren sind bislang vor allem aus den Vereinigten Staaten von Amerika bekannt. Dort werden viele Verbraucher über Schiedsklauseln vor private Schiedsgerichte verwiesen. Im Schiedsverfahren werden Verbraucher nicht selten durchaus großzügig behandelt. Im Gegenzug entgehen die beteiligten Unternehmer dem Risiko unvorteilhafter Präzedenzen oder bisweilen ruinöser Sammelklagen. Dieses Modell lässt sich nicht 1:1 nach Europa übertragen, weil Art. 10 der ADR-Richtlinie und § 309 Nr. 14 BGB Schiedsklauseln in Verbraucherverträgen verbieten. Aber auch als freiwillige Option für Verbraucher sieht Eidenmüller eine Chance für das Verbraucherschiedsverfahren. Vor Verbraucherschiedsgerichten könnten Verbraucher unabhängige und unparteiliche Schiedsrichter erwarten, die die Streitigkeit am Maßstab des materiellen Verbraucherrechts entschieden. Zudem sei ein Wettbewerb zwischen Schiedsinstitutionen denkbar und wünschenswert, bei dem sich die Institutionen mit dem besten Geschäftsmodell durchsetzen würden.
Der Beitrag von Horst Eidenmüller ist als pdf online abrufbar. Er wird im Frühjahr 2017 im Jahrbuch 2016 der Bitburger Gespräche erscheinen.