Smart contracts – smart dispute resolution?

Ein aktueller Beitrag des Münchener Rechtsanwalts Dr. Micha-Manuel Bues im Legal Tribune Online über smart contracts wirft einen Blick in die Zukunft von Vertragsgestaltung und Konfliktlösung.

Smart Contracts sind weitgehend abwicklungskontingent

Bues beschreibt das Potenzial sogenannter smart contracts – Verträge, deren konkrete Abwicklung im Internet der Dinge durch automatisch gesteuerte Parameter beeinflusst wird. Als Beispiele nennt Bues ein Mietobjekt, das nach dem Eingang der Mietzahlung freigeschaltet wird, wie auch eine Versicherungsprämie, die automatisch erhöht wird, sobald der Versicherungsnehmer die vorgeschriebene Höchstgeschwindigkeit erheblich überschreitet. In ähnlicher Weise wären auch füllstandabhängige Nachlieferungsverträge (vgl. den aktuell noch manuell auszulösenden Amazon Dash Button), sonderpreisabhängige Kaufverträge, abnutzungsabhängige Wartungsverträge oder auch nutzerfrequenzabhängige Provisionsverträge denkbar. In gewisser Weise stellt sogar das betagte eBay-Bietsystem einen solchen Vertrag dar, weil der automatische Agent das Preisangebot nur dann bis zum eingegebenen Maximalgebot erhöht, wenn die Gebote anderer Interessenten dies erforderlich machen.

Smart Contracts: Ablösung des Gerichtssystems?

Was die Durchsetzung vertraglicher Rechte anbelangt, weist Bues darauf hin, dass sich smart contracts aufgrund ihrer Abwicklungskontingenz weitgehend selbst durchsetzen. In dieser Welt werde man Gerichte oder Rechtsanwälte vergeblich suchen.

Smart Contracts … werden eine neue Form der Streitschlichtung hervorrufen. Experten gehen davon aus, dass das traditionelle Gerichtssystem von digitalen Formen der Konfliktlösung mehr und mehr abgelöst werden wird. Smart Contracts brauchen keine Gerichte oder Anwälte, um im Streitfall den Vertragsinhalt durchzusetzen. Die Möglichkeit der automatischen Rechtsdurchsetzung dürfte die Rechtsdurchsetzung insgesamt erschwinglicher machen.

Wie werden die neuen Formen der Streitschlichtung für intelligente Verträge dann konkret aussehen? Eine Richtung lässt sich heute bereits in der PayPal Konfliktlösung und dem Amazon Schlichtungsprogramm erkennen: Ergänzt man diese Mechanismen um die Technologie der smart contracts, so ergibt sich ein Konfliktlösungssystem, das bei Auftreten des Konflikts schon dessen Lösung kennt und den Parteien diese vorgibt. Im Internet der Dinge weiß die den Vertrag organisierende Handelsplattform nicht nur, ob ein Paket beim richtigen Empfänger angekommen oder auf dem Versandweg untergegangen ist, sondern es kennt auch Hersteller und Qualität der im Vertragsgegenstand verarbeiteten Produktkomponenten, womöglich auch Details, Störungen und Verantwortlichkeiten im gesamten Produktionsprozess. Die Konfliktlösung wird durch ein solches System enorm beschleunigt, dabei allerdings nicht nur von staatlichen Rechtsdurchsetzungsinstitutionen, sondern auch vom materiellen Recht weitgehend abgekoppelt.

Der Beitrag von Micha-Manuel Bues ist online verfügbar auf den Seiten des Legal Tribune Online. Bues betreibt zudem einen eigenen Legal Tech Blog.