Schlichtung 2.0: PayPal Konfliktlösung und Käuferschutz

Die Europäische Union zielt mit ihrer ADR-Richtlinie auf die Vereinfachung des Verbraucherrechtsschutzes im europäischen Binnenmarkt. Verbraucher sollen nicht dem grenzüberschreitenden Handel fernbleiben, nur weil sie Sorge haben, Konflikte mit Händlern nicht befriedigend lösen zu können. Es ist allerdings nicht unwahrscheinlich, dass die Richtlinie am Onlinehandel (E-Commerce) komplett vorbeigeht, weil die Konfliktlösung über Verbraucherschlichtungsstellen für den typischen Onlinekauf viel zu aufwändig ist (vgl. den Beitrag zu Verbraucherschlichtung und E-Commerce in diesem Blog und den Artikel von Michael Grupp im AnwBl 2015, 186-195, pdf). Was aber tut sich derweil im E-Commerce in Sachen Streitbeilegung? Ein Blick auf das Innenleben der PayPal Konfliktlösung.

PayPal Konfliktlösung mit einem Versicherungsversprechen

Die PayPal Konfliktlösung ist das Portal für den sog. Paypal-Käuferschutz. PayPal fungiert im E-Commerce als ein Hybrid aus Bank, Zahlungsvermittler und Treuhänder. Das Unternehmen wirbt damit, den Onlinehandel sicherer zu machen, indem es Händler und ihre Kunden vor unseriösen Vertragspartnern schützt:

Unser Käuferschutz hilft Ihnen, wenn Ihr gekaufter Artikel nicht ankommt oder ganz und gar nicht der Beschreibung entspricht. Melden Sie uns das Problem und wir prüfen Ihren Fall. Wenn Ihr Käuferschutzantrag berechtigt ist, erhalten Sie den gesamten Kaufpreis sowie die Versandkosten zurück.

Die genauen Bedingungen für seinen Käuferschutz hat PayPal in seiner Käuferschutzrichtlinie niedergelegt. Kaum ein Kunde wird diese Richtlinie genau studieren, insofern lohnt ein näherer Blick, was es mit dem Kundenschutz auf sich hat. Die drei häufigsten Probleme für Käufer beruhen mutmaßlich darauf, dass (1) die Ware nicht angekommen ist, (2) die Ware beschädigt ankommt oder (3) der Verkäufer die Rückzahlung nach erfolgtem Widerruf verweigert.

Fall 1: Ware ist nicht angekommen

Wenn der Kunde angibt, die Ware sei nie angekommen, fordert PayPal den Händler zur Vorlage eines Versandbelegs auf. Kann der Verkäufer den Versand und die Zustellung nicht über eine Sendungsverfolgung nachweisen, wird der Fall unmittelbar zu Gunsten des Käufers entschieden, vgl. Art. 4.1. der PayPal-Käuferschutzrichtlinie. Dabei erstreckt PayPal die für Verbrauchsgüterkäufe nach herrschender Meinung zwingende Zuweisung der Preisgefahr auf den Verkäufer gemäß § 474 Abs. 4, 475 Abs. 1 BGB auf sämtliche Geschäfte. Für kaufende Verbraucher ist das vorteilhaft, für verkaufende Privatleute ein beachtlicher Nachteil.

Fall 2: Ware kommt beschädigt an

Zum zweiten Fall, dass der gekaufte Artikel beschädigt beim Kunden ankommt, äußert sich PayPal wie folgt:

Wenn ein Käufer angibt, dass der Artikel beschädigt angekommen ist, fordern wir grundsätzlich Nachweise an, welche die Beanstandungen des Käufers bestätigen. Das kann z.B. ein Gutachten sein. Bilder können wir als Nachweise nicht akzeptieren.

Das bedeutet wohl: Wenn es hart auf hart kommt, ist der PayPal-Käuferschutz bei beschädigten oder falsch gelieferten Waren zunächst einmal wenig wert. Das „Paypal-Beweisrecht“ setzt insofern sogar weit höhere Hürden als die Zivilprozessordnung, nach der eine Beweisführung mit Hilfe von Fotos gemäß §§ 371, 495, 495a ZPO durchaus möglich ist. Bei der Lieferung beschädigter Sachen geht dies zu Lasten des Käufers. Wenn er dies weiß, kann er sich immerhin durch Rücksendung in die Deckung des Käuferschutzes begeben, dazu sogleich.

Fall 3: Verkäufer verweigert Rückzahlung nach Widerruf

Im dritten Fall, dass der Verkäufer nach einem Widerruf die Rückzahlung des Kaufpreises verweigert, kommt ein interessantes PayPal-Prinzip zum Tragen:

Ein PayPal-Grundsatz sagt aus, dass Geld und Ware nicht bei derselben Partei sein darf.

Für Käufer bedeutet das: PayPal wird ihnen den Kaufpreis nach einem Widerruf zurückerstatten, wenn der Käufer den Versand nicht nachweisen kann oder sobald sie selbst nachweisen, dass sie den gekauften Artikel zurückgeschickt haben. Ob der Artikel beschädigt zurückgesendet wird, beachtet PayPal offenbar nicht.

PayPal Konfliktlösung: Einfacher Grundsatz, Probleme nicht ausgeschlossen

Das Fazit lautet also: Die PayPal Konfliktlösung sichert den kaufenden Verbraucher in vielerlei Hinsicht gegen eine Schlechtleistung des Verkäufers ab. Wo auf der Verkäuferseite kein Unternehmer handelt, reicht der Käuferschutz sogar weiter als das Gesetz. Problematisch wird es allerdings, wenn der Streit vom Normalfall abweicht. Das ist etwa der Fall, wenn der Verkäufer kein zur Rückzahlung einsetzbares PayPal-Guthaben mehr hat, wenn der Verkäufer gegen den Rückzahlungsanspruch des Käufers aufgerechnet hat, wenn der Käufer sein Widerrufsrecht verspätet ausgeübt hat oder er nicht glaubhaft machen kann, dass die Kaufsache erheblich vom Sollzustand abweicht. Diese Fälle sind in der Käuferschutzrichtlinie zugunsten deren Einfachheit nicht geregelt; PayPal entscheidet hier offenbar nach eigenem Ermessen, schlägt womöglich im Einzelfall auch einmal Kompromisse vor. Immerhin weckt die PayPal-Käuferschutzrichtlinie hier auch keine falschen Erwartungen, sondern stellt in Art. 6.5. klar, dass gesetzliche Ansprüche von der PayPal Konfliktlösung nicht berührt werden. So kann sich der Kunde selbst entscheiden, ob er den Rechtsweg gehen oder den Versuch einer unbürokratischen Online-Streitbeilegung unternehmen möchte.