Ansprüche aussitzen: Was sagt das Lauterkeitsrecht?

In einem Beitrag für die Zeitschrift Wettbewerb in Recht und Praxis (WRP) untersucht Dr. Matthias Windorfer, inwieweit Unternehmen gegen das UWG verstoßen, wenn sie Ansprüche aussitzen, indem sie Anspruchsschreiben ihrer Kunden systematisch ignorieren.

Ansprüche aussitzen: Unzulässig nach UWG

Das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) regelt in § 3 Abs. 2 i.V.m. Nr. 27 Alt. 2 des Anhangs zum UWG, dass Versicherungsunternehmen Schreiben zur Geltendmachung vertraglicher Ansprüche nicht systematisch ignorieren dürfen. Daraus leitet Windorfer ab, dass es sich bei dem Ignorieren von Ansprüchen zunächst einmal im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 1 UWG um eine geschäftliche Handlung handelt. Nun liege zunächst im Gegenschluss zur Spezialregelung Nr. 27 Alt. 2 Anhang UWG nahe, das Unzulässigkeitsverdikt gerade nicht auf Nicht-Versicherungsunternehmen zu erstrecken. Allerdings lasse sich das systematische Ignorieren von Ansprüchen auch so als unangemessene unsachliche Beeinflussung der Entscheidungsfreiheit der Betroffenen entgegen § 4 Nr. 1 UWG begreifen, denn Art. 9 lit. d) der UGP-Richtlinie stelle darauf ab, ob der Verbraucher an der Durchsetzung seiner vertraglichen Rechte durch belastende oder unverhältnismäßige Hindernisse gehindert werde. Deswegen sei das Ignorieren und im Einzelfall auch das pauschale Zurückweisen von Kundenansprüchen lauterkeitsrechtlich unzulässig.

Ansprüche aussitzen: Welche Sanktionen drohen?

Was die Sanktionierung der Ignorierung von Ansprüchen angeht, erinnert Windorfer an die spezielle Regelung des europäischen Effektivitätsgrundsatzes in Art. 11 Abs. 1 UAbs. 1 der UGP-Richtlinie. Eine Gewinnabschöpfung nach § 10 Abs. 1 UWG sei denkbar, spiele aber in der Praxis keine Rolle. Insofern richte sich das Augenmerk auf den Unterlassungsanspruch nach § 8 Abs. 1 UWG. Hier sei streitig, ob das Unterlassen eines Unterlassens überhaupt ein zulässiges Anspruchsziel sei (vgl. OLG Köln v. 29. August 1997, 6 U 27/97, Volltext), allerdings erfordere der Effektivitätsgrundsatz wirksame Sanktionen. Weiter sei auch der Folgenbeseitigungsanspruch unzureichend, weil dieser bislang nicht für zukünftige Verstöße geltend gemacht werden könne. Insofern bestehe eine erhebliche Herausforderung darin, einen Antrag auf künftige Unterlassung im Einklang mit §§ 257-259 ZPO hinreichend bestimmt zu formulieren. Hierfür schlägt Windorfer folgenden Wortlaut vor:

Der Beklagte wird verurteilt, es im geschäftlichen Verkehr zu unterlassen, Schreiben von Verbrauchern und sonstigen Marktteilnehmern, mit denen diese ihre vertraglichen oder gesetzlichen Rechte geltend machen, systematisch nicht zu beantworten oder lediglich in einer Weise zu beantworten, die keine sachliche Auseinandersetzung mit dem Begehren des
Verbrauchers oder sonstigen Marktteilnehmers darstellt.

Der Beitrag von Windorfer ist in der Zeitschrift Wettbewerb in Recht und Praxis erschienen (WRP 2015, 158) und in der R&W-Online-Datenbank abrufbar.