Die Europäische Union hat am 21. Mai 2013 die Richtlinie über alternative Streitbeilegung in Verbraucherangelegenheiten (2013/11/EU, sog. AS-Richtlinie oder ADR-Richtlinie) erlassen. Sie wurde am 18. Juni 2013 im Amtsblatt der Europäischen Union (ABl L 165/63) veröffentlicht und wird am 8. Juli 2013 in Kraft treten. Die Richtlinie sieht vor, dass die Mitgliedstaaten der EU bis zum 9. Juli 2015 ein Netz außergerichtlicher Einigungs- und Schlichtungsstellen gewährleisten, die für die Lösung von Verbraucherkonflikten zur Verfügung stehen.
Mitgliedstaaten sollen eine Zweitjudikative einrichten
Die Richtlinie ruft die Mitgliedstaaten auf, außerhalb der staatlichen Gerichtsbarkeit ein zweites Angebot für die Bewältigung von Verbraucherstreitigkeiten zu garantieren. Die Streitbeilegungsstellen (sog. AS-Stellen) können zwar durchaus von Privaten oder nichtstaatlichen Unternehmen betrieben werden, die Mitgliedstaaten sind aber für ihre Überwachung zuständig und müssen ggf. Auffangstellen für durch die existierenden Stellen nicht abgedeckte Konfliktbereiche schaffen. Die AS-Stellen sollen nach Vorstellung der Europäischen Kommission komplementär zu den staatlichen Stellen arbeiten. Unklar und empirisch unerforscht ist bislang, in welchem Umfang AS-Stellen auch zur Konkurrenz für das staatliche Zivilgericht werden könnten.
Rechtsgrundlage für die AS-Richtlinie zweifelhaft
Gegenwärtig ist nicht abschließend geklärt, ob Art. 114 AEUV, den die Union als Rechtsgrundlage zitiert, tatsächlich als Kompetenz für die Einrichtung eines so weitreichenden Quasi-Justiz-Systems ausreicht. Die Union beruft sich auf ihr Ziel, durch eine einfache Rechtsdurchsetzung den Binnenmarkt zu stärken. Im Hintergrund stehen allerdings auch zwei sehr praktische Erwägungen: Zum einen erlaubt der eigentlich für solche Maßnahmen gedachte Art. 81 AEUV nicht den Erlass von Rahmenregeln für innerstaatliche Konflikte. Zum anderen wollte die Kommission auch Dänemark, Großbritannien und Irland einbeziehen, für die Rechtsakte nach Art. 81 AEUV nicht gelten.
Umsetzung in einem deutschen Verbraucherstreitbeilegungsgesetz (VSBG)
Der deutsche Gesetzgeber wird die Richtlinie voraussichtlich durch den Erlass eines Verbraucherstreitbeilegungsgesetzes umsetzen. Die AS-Richtlinie ist nach ihrem Art. 25 Abs. 1 bis zum 9. Juli 2015 umzusetzen. Das Beispiel der in Deutschland mit mehr als einem Jahr Verspätung umgesetzten Mediationsrichtlinie 2008/52/EG zeigt jedoch, dass sich der Gesetzgeber in diesem Bereich mit der Umsetzung durchaus Zeit lässt und dafür von der EU auch nicht sanktioniert wird. Der Koalitionsvertrag der aktuellen Regierungsparteien (pdf) sieht auf S. 88 eine Umsetzung der AS-Richtlinie innerhalb der 18. Legislaturperiode vor. Die voraussichtliche Dauer der Legislaturperiode bis Herbst 2017 und das bisherige Fehlen eines Referentenentwurfs lassen einen ersten Referentenentwurf Ende 2014 und ein Umsetzungsgesetz ungefähr Ende 2016 erwarten.