Regierungsentwurf für ein Verbraucherstreitbeilegungsgesetz

Am 27. Mai 2015 hat die Bundesregierung den Regierungsentwurf für ein Verbraucherstreitbeilegungsgesetz (VSBG) verabschiedet und veröffentlicht (Download pdf). Der Regierungsentwurf behält erwartungsgemäß die wesentlichen Punkte des Referentenentwurfs für ein Verbraucherstreitbeilegungsgesetz von November 2014 bei.

Verhältnis zum materiellen Verbraucherrecht weiter unklar

Zentraler Kritikpunkt am Referentenentwurf war das unklare Verhältnis des Gesetzentwurfs zum materiellen Verbraucherrecht. Insbesondere wurde beanstandet, dass der Streitmittler das materielle Recht nur „berücksichtigen“ solle (§ 17 Abs. 1 S. 1 RefE VSBG) und dass „allgemeine Rechtskenntnisse“ als Qualifikation genügen sollten (§ 5 Abs. 1 RefE VSBG). Der Regierungsentwurf wählt hier teilweise andere Formulierungen, bleibt aber dennoch unpräzise. Nach § 19 Abs. 1 S. 2 RegE VSBG soll (!) nun der Schlichtungsvorschlag „am geltenden Recht ausgerichtet sein und … insbesondere die zwingenden Verbraucherschutzgesetze beachten“. Wie diese Begriffe zu verstehen sind, ist auch der Begründung zum RegE VSBG (S. 79) nicht klar zu entnehmen, offenbar versteht der Gesetzgeber aber unter „Ausrichtung“ und „Beachtung“ jedenfalls weniger als materielle Rechtmäßigkeit. Das verwundert freilich nicht, wenn man den neugefassten § 6 Abs. 2 RegE VSBG betrachtet, der nun vorsieht, dass der Streitmittler „über die Rechtskenntnisse, insbesondere im Verbraucherrecht, … verfügen [muss], die für die Beilegung von Streitigkeiten in der Zuständigkeit der Verbraucherschlichtungsstelle erforderlich sind“. Um Streitmittler zu werden, soll also eine gewisse, aber augenscheinlich bewusst nicht näher konkretisierte juristische Basisqualifikation genügen.

Zentrale Rolle des Leiters der Schlichtungsstelle

Die §§ 6-8 RegE VSBG sehen wie auch schon der Referentenentwurf vor, dass es genügt, wenn innerhalb einer Schlichtungsstelle eine einzige, letztverantwortliche Person die Anforderungen an die Qualifikation, Unabhängigkeit und Unparteilichkeit eines Schlichters erfüllt. Damit verzichtet der Regierungsentwurf darauf, persönliche oder fachliche Anforderungen an die weiteren mit der inhaltlichen Bearbeitung der Beschwerden betrauten Sachbearbeiter zu stellen. Das Gesetz baut insoweit auf die „fachliche[n] Verantwortung des Streitmittlers“ (Begründung zum RegE VSBG, S. 69). Damit stützt der Gesetzgeber das in vielen Schlichtungsstellen praktizierte Modell, eine kraft eines früheren Amts gesellschaftlich angesehene Person im Außenauftritt als Schlichter darzustellen, die wesentliche Arbeit im Umgang mit den Verbraucherbeschwerden aber einem Mitarbeiterstab anzuvertrauen, der nach außen kaum in Erscheinung tritt.

Universalschlichtungsstellen in den Ländern

In den §§ 29 ff. sieht der RegE VSBG vor, dass anstelle der im Referentenentwurf so benannten „Auffangschlichtung“ nunmehr auf Länderebene sog. Universalschlichtungsstellen eingerichtet werden, die ergänzend zu den bestehenden privaten und behördlichen Schlichtungsstellen tätig werden. Länder können von der Einrichtung einer Universalschlichtungsstelle absehen, wenn anderweitig ein ausreichendes Schlichtungsangebot besteht. § 31 RegE VSBG legt für Schlichtungsverfahren vor einer Universalschlichtungsstelle abhängig vom Streitwert Gebühren zwischen 190 und 380 € fest, die einseitig vom Unternehmer zu tragen sind. Im Falle eines sofortigen Anerkenntnisses fallen diese Kosten im Unterschied zum Zivilprozess (§ 93 ZPO) nicht dem Verbraucher zur Last, sondern werden auf 75 € reduziert und – Unbilligkeit vorbehalten – auch dann dem Unternehmer in Rechnung gestellt.