Prozessschwund in der Justiz: Woran liegt’s und was ist zu tun?

Schon beim Juristentag 2014 und beim Anwaltstag 2015 war der Prozessschwund in der Ziviljustiz Gegenstand intensiver Diskussionen. Nunmehr widmet sich ein von Caroline Meller-Hannich und Armin Höland herausgegebener Tagungsband dem Rückgang der Klageeingangszahlen in der Justiz. Einige Schlaglichter aus den darin versammelten Beiträgen.

Forschungsebbe bei der Prozessebbe

Die Autoren aller Beiträge sind sich einig darüber, dass man zu wenig weiß über die Gründe für zurückgehende Fallzahlen bei der Justiz. Mit den Worten von Hubert Rottleuthner: Die Prozessebbe stößt auf eine Forschungsebbe. Insofern kann über die Gründe für den Prozessschwund nur spekuliert werden. Ob die außergerichtliche Streitbeilegung und hier namentlich die Mediation und die Verbraucherschlichtung die Bedeutung der Gerichte schmälern, wird weithin als unklar beurteilt. Einen Punkt setzt insbesondere Rottleuthner aber bei Rechtsschutzversicherungen. Es sei beachtlich, dass diese ursprünglich als Förderer von Gerichtsverfahren begriffen worden seien. Heute müsse man hingegen fragen, inwieweit sie Anteil daran haben, dass immer weniger Fälle zu den Gerichten kommen. Auch eine Reihe von anderen Faktoren sei allerdings als Ursache für den Prozessschwund denkbar:

[V]ielleicht hat sich die Austragung von Konflikten in ganz andere Bereiche verlagert? Nicht auf das Feld der gepriesenen »Alternativen«, sondern vielleicht auf das Internet, in Fernsehshows, auf die Straßen (in Form von aggressivem Fahrverhalten oder Demonstrationen). Da tut sich ein gewaltiges Dunkelfeld auf.

Fast track gegen den Prozessschwund?

Wie ist mit dem in seinen Ursachen unklaren, in seiner Emergenz aber unstreitigen Prozessschwund umzugehen? Monika Nöhre, Schlichterin bei der Schlichtungsstelle der Rechtsanwaltschaft, votiert für ein Fast-Track-Verfahren für Verbraucherstreitigkeiten. Dieses Schnellverfahren solle die Grundsätze der Mündlichkeit und Öffentlichkeit achten, aber ohne ein schriftliches Vorverfahren auskommen und zudem mit Beweiserleichterungen aufwarten. Die Unterschiede zum vereinfachten Verfahren nach § 495a ZPO wären dabei wohl noch herauszuarbeiten. Weiterhin befürwortet Nöhre einen Verbrauchergerichtsstand nach dem Vorbild von Art. 32 der Schweizerischen ZPO, um die Klagehürden für Verbraucher in den Griff zu bekommen.

Der Tagungsband zum Rückgang der Klageeingangszahlen in der Justiz ist auf den Seiten des Nomos-Verlags zum Preis von 39 € zu erwerben. Der Nomos-Verlag hat für diese Besprechung ein Rezensionsexemplar zur Verfügung gestellt.