EuGH: Zwingende Mediation in Verbraucherstreitigkeiten möglich

Der EuGH hat am 14. Juni 2017 entschieden, dass eine zwingende Mediation in Verbraucherstreitigkeiten nicht gegen Unionsrecht verstößt. Danach können die mitgliedstaatlichen Gesetzgeber selbst entscheiden, ob sie die Parteien eines Rechtsstreits verpflichten, vor Anrufung eines Gerichts einen Streitbeilegungsversuch zu unternehmen.

Zwingende Mediation in Verbraucherstreitigkeiten: Unterschiedliche Regelungsansätze

Der deutsche Gesetzgeber hat bei der Einführung des Verbraucherstreitbeilegungsgesetzes 2016 von einer Streitbeilegungspflicht abgesehen. Weitergehend hat er auch eine privatautonome Einigung auf einen Schlichtungsversuch per AGB durch die Einführung des neuen § 309 Nr. 14 BGB verhindert. Italien geht seit einigen Jahren den umgekehrten Weg: Im Zuge der Umsetzung der Mediationsrichtlinie ist dort die Erhebung einer Zivilklage seit einigen Jahren im Regelfall erst nach einem Mediationsversuch zulässig. Dies gilt nicht nur, aber auch für Streitigkeiten zwischen Verbrauchern und Unternehmern. Mit Blick auf Art. 1 und 10 der ADR-Richtlinie war es nur eine Frage der Zeit, dass die italienische Regelung einmal dem EuGH vorgelegt werden würde.

EuGH: Zugang zur Justiz nicht unbedingt behindert

Im nun vom EuGH entschiedenen Fall (Menini und Rampanelli v. Banco Popolare, Az. C-75/16) wehrten sich zwei Verbraucher vor Gericht gegen die Forderungen einer italienischen Bank. Das Veroneser Gericht sah den Zugang zur Justiz gefährdet, zweifelte an der Europarechtmäßigkeit der italienischen Streitbeilegungspflicht und legte den Fall dem EuGH vor. Dieser antwortete nun, im Einklang mit seiner Rechtsprechung in Sachen Alassini sei der Zugang zur Justiz durch eine „zusätzliche Etappe“ nicht unbedingt entscheidend beeinträchtigt. Erst wenn die zwingende Mediation in Verbraucherstreitigkeiten zu einer erheblichen Verzögerung der Anspruchsdurchsetzung führe, mit hohen Kosten verbunden sei oder keine Verjährungshemmung auslöse, sei ein Verstoß gegen das Gebot effektiven Rechtsschutzes zu erkennen.

Kein Anwaltszwang und keine Pflicht zur Begründung des Verfahrensabbruchs

Trotz dieses liberalen Ansatzes schreibt der EuGH dem italienischen Gesetzgeber zweierlei ins Stammbuch: Nach Art. 8 lit. b) ADR-Richtlinie muss ein Verbraucherstreitbeilegungsverfahren ohne anwaltliche Unterstützung geführt werden können. Und: Nach Art. 9 Abs. 2 lit. a) ADR-Richtlinie müssen Verbraucher das Verfahren jederzeit ohne nähere Begründung abbrechen können. Offen lässt der Gerichtshof demgegenüber die vom vorlegenden Tribunale Ordinario di Verona ebenfalls aufgeworfene Frage nach dem Verhältnis von Mediationsrichtlinie und ADR-Richtlinie. Dabei zieht er sich schlichtweg darauf zurück, dass die Mediationsrichtlinie nur für grenzüberschreitende Streitigkeiten gelte und im vorgelegten Fall daher nicht anwendbar sei.

Der Volltext der EuGH-Entscheidung ist auf den Seiten des Europäischen Gerichtsrufs online abrufbar.