Verbraucherschlichtung und Rechtsdienstleistung

In welchem Verhältnis stehen Verbraucherschlichtung und Rechtsdienstleistung? Ein Blick ins Gesetz und seine Geschichte.

§ 2 Abs. 3 Nr. 2 RDG: Verbraucherschlichtung ist keine Rechtsdienstleistung

Die Tätigkeit von Verbraucherschlichtern wird nicht selten so beschrieben, dass diese Verbrauchern die Rechtslage erläutern. Naturgemäß erfolgen diese Erläuterungen nicht abstrakt (wie etwa in einer juristischen Vorlesung), sondern mit Bezug auf einen konkreten Fall, der den Verbraucher aktuell umtreibt. Dieser erhält also eine juristische Bewertung seines Falles ganz ähnlich einer anwaltlichen Einschätzung der Rechtslage. Das legt auf den ersten Blick den Schluss nahe, die Schlichtung erfülle den Rechtsdienstleistungsbegriff des § 2 Abs. 1 RDG. Diesen Eindruck korrigiert sogleich § 2 Abs. 3 Nr. 2 RDG. Danach stellt die Tätigkeit von Schlichtungsstellen gerade keine (erlaubnispflichtige) Rechtsdienstleistung dar. Warum nicht?

Telos der Vorgängervorschrift Art. 1 § 2 RBerG

Um § 2 Abs. 3 Nr. 2 RDG zu verstehen, ist es hilfreich, sich die Entstehung dieser Vorschrift vor Augen zu führen. Vorläufer des Rechtsdienstleistungsgesetzes war bis 2008 das Rechtsberatungsgesetz. Dessen Art. 1 § 2 stellte klar, dass die Tätigkeit eines Schiedsrichters keine erlaubnispflichtige Rechtsberatung war. Das hatte seinen guten Sinn, denn private Rechtsprechung und Rechtsberatung waren und sind zwei Paar Schuhe. Im Jahr 2008 wurde der ursprüngliche Art. 1 § 2 RBerG ohne großes Nachdenken (vgl. BT-Drs. 16/3655, S. 50) auf Schlichter erweitert. Das erscheint verständlich, solange man den Schlichtungsvorschlag als eine unverbindliche Drittmeinung zur Rechtslage betrachtet. Je mehr ein Schlichterspruch freilich nach verbraucherschützendem Rechtsrat klingt, desto weniger verdient er die Erlaubnisfreiheit des heutigen § 2 Abs. 3 Nr. 2 RDG. Mit anderen Worten: Die Vorschrift gewährt Schiedsrichtern und Schlichtern die Erlaubnisfreiheit nur, weil sie davon ausgeht, dass Rechtsuchende den Unterschied zwischen parteilicher Rechtsberatung und der Tätigkeit von Konfliktlösungsinstitutionen von selbst erkennen.

Plädoyer für Rollentransparenz

Daraus folgt für Verbraucherschlichtungsstellen: Um sich die Erlaubnisfreiheit nach § 2 Abs. 3 Nr. 2 RDG zu verdienen, sollten sie den Unterschied zur anwaltlichen Rechtsberatung klar herausstellen. Verbraucher können dann selbst entscheiden, ob sie eine unverbindliche Drittmeinung oder doch lieber einen parteilichen Rechtsrat einholen möchten. Diese Transparenz sollte der Attraktivität der Verbraucherschlichtung keinen Abbruch tun, denn mit ihrer Kostenfreiheit kann die Anwaltschaft ohnehin kaum mithalten.