Umsetzung der AS-Richtlinie

Im Auftrag der Verbraucherzentrale Bundesverband hat der Rostocker Professor Klaus Tonner ein Gutachten zur Umsetzung der AS-Richtlinie der Europäischen Union erstattet und gleichzeitig einen Gesetzentwurf für ein Verbraucherstreitbeilegungsgesetz formuliert. Der Verband versucht damit offenkundig, eine Vorlage für die Bundesregierung zu schaffen, die für den Regierungsentwurf eines Umsetzungsgesetzes Pate stehen kann oder sogar dessen Grundlage wird. Das Gutachten ist auf den Seiten des Verbraucherzentrale Bundesverbandes online abrufbar.

Ausgestaltung der AS-Stellen

Tonner schlägt vor, vom Regelungsauftrag der AS-Richtlinie umfassend Gebrauch zu machen. Danach soll sich der Gesetzgeber nicht etwa darauf zurückziehen, dass es gegenwärtig bereits eine große Zahl von durch die Landesjustizverwaltungen eingerichteten oder anerkannten Gütestellen gibt (vgl. § 15a Abs. 1 EGZPO und § 794 Abs. 1 Nr. 1 ZPO). Vielmehr soll ein Netz von AS-Stellen nach dem Vorbild des Versicherungsombudsmanns, der Schlichtungsstelle Energie oder der Schlichtungsstelle für den öffentlichen Personenverkehr entstehen. Für deren Zuschnitt soll der Gesetzgeber dann konkrete Vorgaben machen. Insbesondere sollen die eingesetzten Vermittler ausschließlich Volljuristen sein und sie sollen auch in einem Schlichtungsverfahren mit dem Schlichterspruch nicht hinter materiellem Recht zurückbleiben dürfen. Sogar das Ergebnis einer Verbrauchermediation mit einem Vergleich, der nicht von einem neutralen Dritten vorgeschlagen wird, dürfte Tonner zufolge nicht hinter dem materiellen Verbraucherrecht zurückbleiben.

Umgang mit verbraucherrechtswidrigen Verfahrensergebnissen

Die von Tonner vorgeschlagene zwingende Besetzung der AS-Stellen mit Volljuristen sowie die unbedingte Bindung an das materielle Verbraucherrecht verfolgen das Ziel, eine dem Verbraucherschutz gewidmete Verfahrensform nicht in ihr Gegenteil zu verkehren. Selbst wenn sich das AS-Verfahren nicht nur an Recht und Gesetz, sondern bisweilen auch nach Gesichtspunkten der Billigkeit entscheidet, soll der Verbraucher nicht schlechter stehen, als er vor dem Gesetz bzw. vor dem Gericht stünde. Dies wirft interessante Anschlussfragen auf: Was macht ein Verbraucher, wenn er dem Vorschlag des Schlichters gefolgt ist, aber im Nachhinein dessen materielle Verbraucherrechtswidrigkeit erkennt? Wenn das beteiligte Unternehmen den Rechtsverstoß gesehen hat oder hätte sehen müssen, könnte der Verbraucher den auf Grundlage des Schlichterspruchs geschlossenen Vergleichsvertrag nach § 123 Abs. 2 BGB wegen Täuschung anfechten. Denkbar wäre auch eine Anpassung oder sogar Lösung vom Vergleichsvertrag nach § 313 Abs. 2 BGB, wenn die Rechtmäßigkeit des Schlichterspruchs Geschäftsgrundlage des Vergleichs geworden ist. Schließlich wäre auch ein Schadensersatzanspruch aus culpa in contrahendo gemäß § 311 Abs. 3 BGB gegen den Trägerverein der AS-Stelle zu erwägen.