In einem Aufsatz für die Juristenzeitung prognostiziert Professor Dr. Herbert Roth Bedeutungsverluste der Zivilgerichtsbarkeit infolge der alternativen Beilegung verbraucherrechtlicher Streitigkeiten nach der AS-Richtlinie.
Substitution von Zivilprozessen und Teilprivatisierung der Justiz
Roth beschreibt, dass es ursprünglich eine klare Trennung zwischen interessen- und rechtsorientierten Verfahren gab. Auch die Mediationsrichtlinie 2008/52/EG habe diese Differenzierung aufrecht erhalten, weil das Mediationsverfahren gerade nicht den Anspruch verfolge, eine rechtsorientierte Lösung herbeizuführen. Die Trennung zwischen beiden Verfahrenstypen sei durch das mit dem Mediationsgesetz eingeführte Güterichterverfahren bereits ansatzweise diffundiert:
An den Zivilprozess werden daher Funktionen der gesetzesfernen Mediation angelagert, die zu der mit der Richterrolle untrennbar verbundenen Rechtsverwirklichung nicht passen.
Mit der nunmehr in Kraft getretenen AS-Richtlinie sollten nun umgekehrt richterliche Funktionen an Private delegiert werden; die EU strebe nach der „Substitution von Zivilprozessen und Teilprivatisierung der Justiz“.
Verknüpfung von Binnenmarkt und Verbraucherschutz
Ebenfalls kritisch sieht Roth die Verknüpfung von Binnenmarkt und Verbraucherschutz. Würden das Zivilprozessrecht und die Regelung außergerichtlicher Verfahrung dazu eingesetzt, um politische Ziele wie die europäische Integration zu erreichen, sei eine Entkoppelung vom materiellen Verbraucherrecht zu befürchten, dessen Durchsetzung bisher als Zweck des Zivilprozesses prägend ist. Die AS-Verfahren stellten sich nach alldem „nicht als zweite Säule der Ziviljustiz, sondern eher als windschiefes Gebäude ohne tragfähige Statik“ dar. Der Beitrag ist erschienen in Heft 13 der Juristenzeitung 2013 auf den Seiten 637 bis 644.