In einem aktuellen englischsprachigen Beitrag für die Common Market Law Review beschäftigt sich Gerhard Wagner mit der Eignung alternativer Streitbeilegung zur Durchsetzung von Verbraucherrechten. Vor dem Hintergrund der 2013 in Kraft getretenen Richtlinie über Alternative Streitbeilegung in Verbraucherangelegenheiten (AS-Richtlinie) untersucht er, welche Rolle außergerichtliche Konfliktlösungsinstrumente bei der Beilegung von Verbraucherstreitigkeiten einnehmen könnten.
Unklare Zielsetzung der AS-Richtlinie
Wagner stellt fest, dass die AS-Richtlinie ihre eigenen Ziele nicht besonders klar formuliert. Es geht nach ihrem Erwägungsgrund 4 um einfache, schnelle und kostengünstige Konfliktlösung, die Verbrauchervertrauen in einen funktionierenden Binnenmarkt stärkt. Offen bleibt danach aber, inwieweit sich die auf dieser Grundlage erzielten Lösungen am materiellen Recht, an den Interessen der Verbraucher oder an Kundenzufriedenheit orientieren. Jedenfalls aber hält Wagner es für unwahrscheinlich, dass sich Verbraucher bei ihrer Kaufentscheidung nennenswerte Gedanken über die im Konfliktfall verfügbaren Streitbeilegungsmethoden machen. Empirische Studien über Verbraucherentscheidungen sprächen eher gegen diese Annahme.
Außergerichtliche Streitbeilegung und Rechtsdurchsetzung
An einem Beispielsfall demonstriert Wagner, dass außergerichtliche Streitbeilegung die Rechtsdurchsetzung verbessern könnte. Wenn sich nämlich Rechtsverfolgungsschwellen auch nur teilweise abbauen ließen, könnten mehr Verbraucher ihre Rechte wahrnehmen und der Anreiz zum Rechtsbruch durch Unternehmen würde sich verringern. Der Rechtsdurchsetzungsgewinn alternativer Streitbeilegung steht und fällt insofern mit der Frage, ob die vor den außergerichtlichen Stellen erzielten Verbrauchererfolge durch den Bedeutungsverlust der Ziviljustiz wieder aufgezehrt werden.
Kollektiver Rechtsschutz als Alternative zur Alternative
Schließlich geht Wagner auch noch auf eine Alternative zur Alternativen Streitbeilegung ein, nämlich den Kollektiven Rechtsschutz. Er stellt heraus, dass kollektive Mechanismen (wie etwa Sammelklagen) den Verbraucher aus seinem rationalen Desinteresse an der aufwändigen Verfolgung geringwertiger Streitigkeiten herausholen. Demgegenüber zeige der Fall von AT&T v. Concepcion, dass Kunden selbst bei extrem verbraucherfreundlichen Möglichkeiten der individuellen Rechtsdurchsetzung nur zu einem geringen Teil ihre Rechte auch wahrnehmen. Gerade im Vergleich zu den Instrumenten des kollektiven Rechtsschutzes sei außergerichtliche Streitbeilegung insofern keine Wunderwaffe, sondern eher ein wirkungsloses Wässerchen. Der Beitrag ist erschienen in 51 CML Rev. 2014 auf den Seiten 165 bis 194 und ist online verfügbar bei Kluwer Law International.