Der Jahresbericht 2016 des Versicherungsombudsmanns (pdf) macht auf die wachsende Bedeutung der Verbraucherschlichtung für Rechtsschutzversicherungen aufmerksam.
Versicherungsombudsmann: Jeder vierte Fall betrifft eine Rechtsschutzversicherung
Wie schon 2015 ist die Anzahl der Beschwerden gegen Rechtsschutzversicherer auch 2016 erneut um etwa ein Drittel angestiegen. Inzwischen stammt jede vierte Beschwerde vor dem Versicherungsombudsmann aus dem Bereich Rechtsschutzversicherung. Eine wahrscheinliche Ursache für diese Entwicklung nennt der Versicherungsombudsmann selbst: In den vergangenen Jahren gab es mit dem VW-Abgasskandal und dem Widerruf von Verbraucherdarlehen und Lebensversicherungen gleich mehrere Fallgestaltungen, in denen Verbraucher massenweise mit anwaltlicher Hilfe ihre Ansprüche durchzusetzen suchten. Es erscheint durchaus plausibel, dass Rechtsschutzversicherer angesichts sprunghaft zunehmender Versicherungsfälle gleichsam zur Rettung ihrer Kalkulation mit der Erteilung von Deckungszusagen umso zögerlicher waren.
Bewegung im Rechtsschutzversicherungsmarkt
Die Beobachtungen des Versicherungsombudsmanns zeigen die aktuellen Herausforderungen für Rechtsschutzversicherer. Sie sind verpflichtet, ihren Versicherungsnehmern die zur Rechtsverfolgung notwendigen gesetzlichen Gebühren nach RVG und GKG zu erstatten. Je besser ihre Kunden freilich Rechtsanwälte und Gerichte erreichen, desto schneller kommt es zum Rechtsschutzfall. Wenn Anwälte heute ihre Mandanten systematisch online akquirieren, liegt die Hürde für den Abschluss eines Mandatsvertrags deutlich niedriger als noch vor wenigen Jahren. Wollen die Rechtsschutzversicherer ihre Tarife stabil halten, müssen sie ihre internen Kosten reduzieren, Gewinneinbußen hinnehmen und/oder mehr Rechtsschutzanfragen ablehnen.
Massenschäden: Des Anwalts Freud, der Versicherung Leid
Der Kostenhebel bei der Verweigerung von Deckungszusagen ist naturgemäß umso größer, je mehr parallel gelagerte Fälle er betrifft. Eine Einstandspflicht bei Massenschäden wie beim aktuell angelaufenen Abgasskandal anzuerkennen, hat erhebliche bilanzielle Auswirkungen für eine Rechtsschutzversicherung. Spiegelbildlich dazu sind gerade hier die monetären Skaleneffekte für Anwälte besonders groß, weil diese den Fall nur einmal rechtlich aufbereiten müssen, die gesetzlichen Gebühren aber für eine Vielzahl gleichgelagerter Fälle kassieren können. Man könnte dieser Entwicklung durch eine Flexibilisierung des anwaltlichen Gebührenrechts Rechnung tragen. Dabei ist aber Vorsicht geboten, denn wenn sich die Rechtsdurchsetzung bei Massenschäden für Anwälte nicht mehr lohnt, verschwindet insoweit auch für Verbraucher ein Zugang zum Recht.