Die Europäische Kommission hat Ende 2013 einen Vorschlag für eine Verordnung vorgelegt, die das europäische Verfahren für geringfügige Forderungen nach der Verordnung (EG) Nr. 861/2007 sowie das europäische Mahnverfahren nach der Verordnung (EG) Nr. 1896/2006 neugestalten soll (COM(2013) 794 final).
Mit diesem Vorschlag befasst sich nun ein aktueller Beitrag von Bartosz Sujecki für die Zeitschrift für Rechtspolitik (ZRP).
Seltene Anwendung des europäischen Verfahrens für geringfügige Forderungen
Sujecki stellt zunächst dar, dass die EU mit dem Verfahren für geringfügige Forderungen die schnelle und kostensparende Verfolgung grenzüberschreitender Ansprüche erleichtern wollte. Tatsächlich habe sich das Verfahren aber nicht durchsetzen können, was unter anderem daran liege, dass die nationalen Umsetzungsgesetze für das Verfahren (in Deutschland sind dies die §§ 1097-1109 ZPO) die in der Verordnung vorgesehene einfache Durchführung des Verfahrens erheblich erschwerten. Diese Beobachtung passt in das Bild des von Federico Vicari et al. erstellten ECC-Net European Small Claims Procedure Report 2012, der festgestellt hatte, dass bis 2011 nur in 12% der EU-Mitgliedstaaten mehr als eine Handvoll dieser Verfahren durchgeführt worden waren.
Zukünftig größerer Anwendungsbereich und schlankeres Verfahren
In seinem Beitrag beschäftigt sich Sujecki dann eingehend mit den von der Kommission vorgeschlagenen Änderungen für das europäische Verfahren für geringfügige Forderungen. Der Kommissionsvorschlag sieht vor, dass das Verfahren nunmehr für Ansprüche bis zur Höhe von 10.000 € genutzt werden soll; bislang galt eine Streitwertgrenze von 2.000 €. Weiterhin will die Kommission den Begriff der „grenzüberschreitenden Rechtssache“ ausweiten und nunmehr fast jeglichen grenzüberschreitenden Bezug für die Anwendbarkeit des Verfahrens ausreichen lassen. Kritisch sieht Sujecki den Plan, die mündliche Verhandlung explizit zum Ausnahmefall zu deklarieren; dies bedeute eine unnötige Beschneidung der Verfahrensrechte der Parteien. Den Vorschlag der Kommission, für die Zustellung den elektronischen Weg zu eröffnen, begrüßt er, fragt aber mit guten Gründen danach, ob die technischen Regelungen und Voraussetzungen auf der Ebene der Mitgliedstaaten dafür bereits weit genug gediehen seien.
Steigerung der Fallzahlen kaum zu erwarten
So ist denn auch Sujeckis Prognose für die Nutzung des Verfahrens in der Zukunft verhalten. Vermutlich wird das Verfahren für geringfügige Forderungen auch nach dem nun vorgeschlagenen Update so unhandlich sein, dass es nur sehr sporadisch angewendet wird. Die Vorschläge der Kommission sind zwar gut gemeint, aber die Union ist zu abhängig von den Verfahrensordnungen der Mitgliedstaaten, als dass sie selbst ein eigenes einfaches Verfahren schaffen könnte. Generell zu aktuellen Entwicklungen im europäischen Zivilprozessrecht siehe den Beitrag von Sujecki in der EuZW 2014, 291-297 und speziell zum europäischen Mahnverfahren seine 2008 erschienene Monographie.