AS-Stellen mit dem Gütesiegel „Europa“

In einem aktuellen Beitrag für die Zeitschrift für Zivilprozess zeichnet Giesela Rühl eine rechtspolitische Skizze für die Umsetzung der AS-Richtlinie in einem Verbraucherstreitbeilegungsgesetz (ZZP 2014, S. 61-98).

AS-Stellen mit gerichtsähnlicher Funktion

Nach einem Überblick über den Anwendungsbereich der Richtlinie über alternative Streitbeilegung in Verbraucherangelegenheiten geht Rühl auf deren Regelungsgehalt ein. Sie beschreibt dabei anschaulich die Motivation der Europäischen Union, die Materie mit einer Richtlinie zu regulieren: Es fehle in vielen Mitgliedstaaten bereits an geeigneten Einrichtungen für Verbraucherschlichtung und Verbraucherstreitbeilegung (AS-Stellen). Und wo diese Stellen existierten, seien sie den Verbrauchern häufig unbekannt oder genössen nicht das notwendige Vertrauen, um in ernstzunehmendem Umfang mit der Konfliktlösung betraut zu werden. Die Richtlinie solle insofern helfen, einen Zugang zur alternativen Streitbeilegung für Verbraucher zu schaffen. Es werde „ein System zur Durchsetzung von Verbraucherrechten entstehen…, das ähnliche Funktionen erfüllt wie die staatlichen Gerichte“.

Freiwillige Akkreditierung mit einem europäischen Gütesiegel

In ihrem Beitrag macht Rühl eine Reihe konkreter Vorschläge für die Umsetzung der AS-Richtlinie in Deutschland. Sie schlägt vor, die bereits bestehenden Schlichtungs- und Ombudsmanneinrichtungen in das neue AS-System zu integrieren; für verbleibende Deckungslücken solle der Gesetzgeber eine private Einrichtung beauftragen. Die Qualität der AS-Stellen könne am besten mit einem freiwilligen „Gütesiegel Europa“ sichergestellt werden. Allerdings sollten Streitbeilegungsorganisationen nicht verpflichtet werden, sich als AS-Stelle akkreditieren zu lassen. Denjenigen Einrichtungen, welche die Vorgaben der Richtlinie einhielten, winke freilich mit dem Gütesiegel eine besondere Auszeichnung, die auch Verbrauchern Seriosität signalisieren werde.

Regelung der Voraussetzungen für das Gütesiegel im Verbraucherstreitbeilegungsgesetz

Die konkretisierten Voraussetzungen für ein solches Gütesiegel würden im deutschen Umsetzungsgesetz zur AS-Richtlinie geregelt. Die Richtlinie macht insoweit bestimmte Vorgaben, lässt aber auch einen gewissen Spielraum. Bedeutsam erscheint hier insbesondere die Frage, welche juristische Qualifikation die von AS-Stellen mit der Konfliktlösung betrauten Personen haben müssen. Rühl verweist insofern überzeugend auf Art. 2 Abs. 1 AS-RL: Danach ist grundsätzlich zu unterscheiden zwischen vermittelnden, schlichtenden und verbindlich entscheidenden AS-Stellen. Nur für letztere, die in der Terminologie der Richtlinie den Parteien „eine Lösung auferlegen“, gilt die Entscheidungsgrenze des Art. 11 Abs. 1 lit. a) AS-RL, wonach die verbindlich auferlegte Lösung nicht hinter dem materiellen Verbraucherrecht zurückbleiben darf. Anknüpfend an diese Unterscheidung könnte das deutsche Umsetzungsgesetz von den mit der Konfliktlösung beauftragten Personen unterschiedliche juristische Kenntnisse verlangen, je nachdem, für welchen Typ einer AS-Stelle sie tätig werden. Rühl schlägt hier vor, den Konfliktlösern vermittelnder und schlichtender AS-Stellen keine juristischen Kenntnisse abzuverlangen und nur die Beauftragten verbindlich entscheidender AS-Stellen zu juristischen Ausbildungsprogrammen oder Schulungen zu verpflichten, um ihnen „systematische Rechtskenntnisse von einer gewissen Tiefe“ zu vermitteln (siehe zu dieser Diskussion auch Wagner, ZKM 2013, 104, 105 und Eidenmüller/Engel, ZIP 2013, 1704, 1709). Die AS-Richtlinie ist bis Mitte 2015 in nationales Recht umzusetzen.