Referentenentwurf zum VSBG 2.0

Das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz (BMJV) hat einen Referentenentwurf für eine Überarbeitung des Verbraucherstreitbeilegungsgesetzes (VSBG) vorgelegt (pdf). Welchen Reformbedarf gibt es drei Jahre nach dem Inkrafttreten des Gesetzes?

Was der Gesetzgeber neu regelt

Kernziel der VSBG-Reform ist die feste Verankerung der bisher nur vorübergehend vom Bund finanzierten Auffangschlichtungsstelle in der Verantwortlichkeit des Bundes. Der Referentenentwurf begründet das plausibel damit, dass eine Mehrzahl von Länder-Schlichtungsstellen bei Verbrauchern zu Unsicherheit führen könnte, welche Stelle für ihre Beschwerde zuständig ist. Der Referentenentwurf schätzt die jährlichen Kosten für die zentrale Schlichtungsstelle auf 1,24 Mio. Euro. Diese Größenordnung ist bemerkenswert mit Blick darauf, dass das Zentrum für Schlichtung überwiegend standardisiert und online mit den Parteien kommuniziert. Zudem hat der Zwischenbericht zur Funktionsweise der Allgemeinen Verbraucherschlichtungsstelle (BT-Drs. 19/6890, pdf) gezeigt, dass es innerhalb eines Zeitraums von zwölf Monaten insgesamt nur in 19 Fällen dazu kam, dass das Verfahren vollständig durchgeführt wurde und die Parteien Stellungnahmen austauschten.

Wenig schlichtungsbegeisterte Unternehmen

Der Blick auf die Statistik des Zentrums für Schlichtung spiegelt auch eine Erfahrung wider, die Verbraucher generell nach Inkrafttreten des VSBG berichten: Wenn sie bei einer Verbraucherschlichtungsstelle Beschwerde einlegen, lehnt das Unternehmen meistens die Teilnahme am Schlichtungsverfahren sogleich ab. Sofern sich die Unternehmen nicht – wie etwa beim Versicherungsombudsmann – bereits vorab zur Teilnahme an der Schlichtung verpflichtet haben, sind sie regelmäßig nicht bereit, sich spontan an einem solchen Verfahren zu beteiligen. Diese Haltung kommt auch in den Pflichtangaben auf den Unternehmenswebseiten zum Ausdruck, wo sich die meisten Unternehmern einer Teilnahme an der Schlichtung kategorisch verschließen.

Schlichtung im Gefolge einer Musterfeststellungsklage?

Während das BMJV bei der Vorbereitung der Erstfassung des VSBG noch durchblicken ließ, bei mangelnder unternehmerischer Schlichtungsfreude auch eine Schlichtungspflicht einzuführen, ist von solchen Plänen aktuell keine Rede. Einige Hoffnungen ruhen derweil auf den Leistungsbegehren von Verbrauchern, die nach dem Abschluss eines stattgebenden Musterfeststellungsurteils zu erwarten sind. Ob freilich eine Musterfeststellungsbeklagte, die sich gegen die Musterfeststellung mit Händen und Füßen gewehrt hat, anschließend einem für sie kostenpflichtigen Zahlungsverfahren freiwillig unterwirft, erscheint doch fraglich. Wahrscheinlicher dürfte sein, dass ein solches Unternehmen entweder einem Vergleich im Musterfeststellungsverfahren zustimmt und die dort festgesetzten Leistungen dann freiwillig zahlt oder aber es in jedem einzelnen Fall auf eine Leistungsklage der Verbraucher ankommen lässt, um diese doch wieder bei ihrem rationalen Desinteresse zu erwischen. In letzterem Falle wäre es dann wieder an den inzwischen etablierten Legal-Tech-Dienstleistern, den Ball aufzunehmen und die Verbraucheransprüche auf dem klassischen Weg gerichtlich durchzusetzen.