Franziska Hidding: Zugang zum Recht für Verbraucher

Zur außergerichtlichen Beilegung von Verbraucherkonflikten ist kürzlich in der Schriftenreihe zum Prozessrecht von Duncker & Humblot eine neue Veröffentlichung erschienen. Die Dissertation „Zugang zum Recht für Verbraucher“ von Franziska Hidding setzt die Verbraucherschlichtung nach dem Verbraucherstreitbeilegungsgesetz in Bezug zum Gerichtsverfahren und bewertet so den aktuellen Rechtsschutz für Verbraucher. In einem Gastbeitrag erläutert die Autorin, worum es in ihrer Arbeit geht und zu welchen Ergebnissen sie kommt.

Zugang zum Recht: Ernüchterndes Ergebnis

Der zentrale Maßstab zum Vergleich verschiedener Konfliktlösungsverfahren in meiner Arbeit ist der „Zugang zum Recht“. Die Arbeit gliedert den Begriff auf: Beim „Zugang“ geht es um das „Ob“ einer Streitbeilegung, also darum, wie hoch und wie schwer zu überwinden die Barrieren sind, die sich dem Verbraucher beim Versuch in den Weg stellen, ein Streitbeilegungsverfahren einzuleiten; „zum Recht“ drückt die Fragestellung nach dem „Wie“ der Streitbeilegung aus, also danach, wie nahe das Ergebnis den materiellen Rechtspositionen des Verbrauchers kommt, und ob das Verfahren mit diesem Ziel vor Augen sachgerecht ausgestaltet ist, was man beides auch mit dem Stichwort „Qualität“ der Streitbeilegung bezeichnen kann. Das Ergebnis dieser Analyse ist ernüchternd: Einen wirklichen und vollständigen „Zugang zum Recht“, der beiden Facetten des Begriffs gerecht wird, bieten weder die gerichtliche noch die außergerichtliche Streitbeilegung. Die Streitbeilegung nach dem VSBG macht dem Verbraucher den Zugang leichter, weil die intellektuellen, finanziellen und verfahrenstechnischen Hürden kleiner sind, während die effektive Durchsetzung materiell bestehender Verbraucherrechte eher von den Gerichten gewährleistet wird.

Wenig Transparenz im Zusammenspiel der Verfahren

Auch das Zusammenspiel der außergerichtlichen und gerichtlichen Streitbeilegung schafft für den Verbraucher keinen guten Zugang zum Recht. Dies liegt daran, dass für ihn nicht ersichtlich ist, wie die Streitbeilegungssysteme voneinander abzugrenzen sind. Die Kostengünstigkeit der Verbraucherschlichtung führt auf Dauer dazu, dass der Verbraucher sich dieser vermehrt bedienen wird. Die Verbraucherschlichtungsstellen können aber derzeit aufgrund ihrer Besetzung nicht gewährleisten, komplexe juristische Fälle an die Gerichte weiterzuleiten, sodass zwischen beiden Systemen keine Durchlässigkeit besteht. Aus diesen Gründen steht dem Verbraucher ein methodenvielfältiges Streitbeilegungsangebot de facto nicht zur Verfügung. Weil die Schlichtung auf Kompromisslösungen ausgerichtet ist und von juristischen Laien durchgeführt werden kann, hat dies alles einen Bedeutungsverlust der Amtsgerichte und der Durchsetzung der materiellen Verbraucherrechte zur Folge.

Wünschenswert: Justizreformen und mehr Eigenständigkeit der Verbraucherschlichtung

Den dargestellten Unzulänglichkeiten beim Zugang zum Recht setzt die Arbeit konkrete Verbesserungsvorschläge entgegen: Ein Zugang zum Recht könnte durch eine Reform des Gerichtsverfahren erreicht werden. Durch mehr Transparenz, die Einführung eines Verbrauchergerichtsstands, technische Modernisierungen, einen Verzicht auf die Kostenvorschusspflicht des Verbrauchers und eine vermehrte Veröffentlichung von Verfahrensergebnissen würde das Gerichtsverfahren zugänglicher für Verbraucher. Die Justiz sollte sich stärker auf ihre Kernkompetenz des Urteilsausspruchs zurückbesinnen und nicht die Abschlusszahlen von Vergleichen weiter in die Höhe treiben. Die Verbraucherschlichtung hingegen sollte danach streben, dem Verbraucher eine echte Alternative zum Gerichtsverfahren zu bieten – was nicht dadurch erreicht werden kann, dass sie sich dem Gerichtsverfahren noch stärker annähert.

Die Arbeit von Franziska Hidding ist beim Verlag Duncker & Humblot zum Preis von € 79,90 bzw. als E-Book zum Preis von € 71,90 erhältlich.