Ein Beitrag von Tamara Deichsel in der Zeitschrift Verbraucher und Recht (VuR 2020, 283-289) erörtert, inwieweit Legal-Tech-Tools die Verbraucherschlichtung bereichern könnten. Worum geht es und zu welchen Erkenntnissen gelangt der Beitrag?
Zugang zur Schlichtung über einen Verbraucherschlichtungsstellen-Finder
In ihrem Beitrag skizziert Deichsel zunächst, dass die im Frühjahr 2016 durch das Verbraucherstreitbeilegungsgesetz neugeordnete Verbraucherschlichtung bisher nicht in dem Maße genutzt wird, wie es sich der Gesetzgeber erhofft hat. Das liege unter anderem daran, dass der Zugang zur Verbraucherschlichtung noch nicht verbraucherfreundlich ausgestaltet sei. Zwar habe die Europäische Union mit ihrer ODR-Plattform bereits den ersten Schritt zur Online-Lösung von Verbraucherkonflikten gemacht. Deren Wegweiser hin zu den in den einzelnen Mitgliedstaaten angesiedelten Schlichtungsstellen sei aber noch verbesserungsfähig. Insbesondere verweise die ODR-Plattform auch dort auf die Allgemeinen Verbraucherschlichtungsstellen eines Landes, wo spezialisierte Schlichtungsstellen vorrangig zuständig seien. Abhilfe schaffen könnte Deichsel zufolge ein digitaler Verbraucherschlichtungsstellen-Finder beim Bundesamt für Justiz. Womöglich könnte das Bundesamt für Justiz sogar über einen neu zu schaffenden § 33a VSBG zur Installation eines solchen Verbraucherschlichtungsstellen-Finders verpflichtet werden.
Verbraucherschlichtung zukünftig als Online-Verfahren?
Neben einem digital verbesserten Zugang zur Schlichtung wünscht sich Deichsel auch eine grundlegende Digitalisierung des Schlichtungsverfahrens. Dabei könne entweder ein Online-Portal nach dem Vorbild der europäischen ODR-Plattform oder der deutschen Schlichtungsstelle für den öffentlichen Personenverkehr (soep) oder sogar eine Verbraucherstreitbeilegungs-App zum Einsatz kommen. Der Verfahrensgang gliedert sich dann nach Deichsel in drei Schritte: Am Anfang erfolgt eine Sachverhaltsermittlung mit Hilfe von interaktiven Eingabeformularen. An deren Ende könne womöglich eine automatisch generierte Einschätzung der Erfolgsaussichten stehen (predictive analytics). Im zweiten Schritt kommunizieren die Parteien über das Online-Portal oder die App. Häufig vorkommende Fragen könnten dabei mit Hilfe eines Chatbots gelöst werden. Auch wenn danach ein Teil des Verfahrens automatisiert ablaufen kann, hält Deichsel mit Blick auf § 6 Abs. 1 VSBG das wache Auge des Streitmittlers über diesen Abläufen für erforderlich. Der dritte und letzte Schritt sei schließlich die Konfliktlösung, bei der durchaus auch algorithmengenerierte Schlichtungsvorschläge zum Einsatz kommen könnten. Es gelte dabei nicht, den menschlichen Schlichter aus der Konfliktlösung zu verdrängen, sondern die Möglichkeiten von Legal Tech zugunsten einer einfacheren Verfahrensführung fruchtbar zu machen. Man darf gespannt sein, was daraus wird!